AG Literatur, Theater und Psychoanalyse
»Alle Arten von Leiden sind also das Thema des Dramas,...« (Freud 1942a, S. 658)
»Ich bin der Meinung, daß alle ästhetische Lust, die uns der Dichter verschafft, den Charakter … (einer) Vorlust trägt und daß der eigentliche Genuß des Dichtwerkes aus der Befreiung von Spannungen in unserer Seele hervorgeht« (Freud 1905, S. 197)
Literatur und Theater fordern dazu auf, sich mit Bestehendem kritisch auseinanderzusetzen und scheinbar Festgeschriebenes zu hinterfragen: individuell und gesellschaftlich. Sie folgen ästhetischen Regeln in Abhängigkeit von der jeweiligen Gesellschaft und Kultur und thematisieren darüber hinaus Grundfragen der menschlichen Existenz, die weit über deren Entstehungszeit hinausweisen. Die Auseinandersetzung mit Literatur und Theater eröffnet damit politisch, gesellschaftlich und psychoanalytisch relevante Themenfelder und befähigt zur Bewältigung individueller und gesellschaftlicher Aufgaben und Herausforderungen.
Die Psychoanalyse ruft zum einen Begriffe wie Theatralisierung der Wissenschaft (Falldarstellung), Katharsis, Privattheater, (Körper-) Inszenierungen, szenisches Verstehen, innere Bühne auf, welche einen deutlichen Ursprung im Theater als Kunstform haben.
Zum anderen gibt es kaum Literaturschaffende in der literarischen Moderne, welche sich nicht mit der Psychoanalyse auseinandergesetzt haben. Außerdem ist die Literaturgeschichte des 20. Jahrhunderts ohne die Rezeptionsgeschichte der Psychoanalyse kaum angemessen zu begreifen: Psychoanalyse und literarische/theatrale Moderne reagieren gleichzeitig und in wechselseitiger Abhängigkeit auf gravierende Identitätsprobleme des modernen Subjekts.
Die AG Literatur, Theater und Psychoanalyse möchte diese Themen aufgreifen und sich den Kulturprodukten Literatur und Theater in Verbindung zur psychoanalytischen Kulturtheorie widmen.
Bernd Heimerl
für die AG Literatur, Theater und Psychoanalyse am BIPP